Stadtchronik von 742-1223

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Jahr Ereignis
742

(Frühjahr/Sommer) Erste schriftliche Erwähnung von "Erphesfurt". Der Missionserzbischof Bonifatius bittet den Papst Zacharias II. in einem Brief um die Bestätigung der von ihm gegründeten Bischofssitze und der von ihm geweihten Bischöfe:
"Und wir bitten und begehren, daß jene drei Orte (oppida sive urbes), in denen wir sie eingesetzt haben, durch Urkunden kraft Eurer Autorität bestätigt und gesichert werden. Einen dieser Bischofssitze haben wir errichtet in dem Kastell (in castello), welches Würzburg heißt, den zweiten an dem Platz (in oppido), welcher Büraburg genannt wird, den dritten in dem Ort, (in loco) welcher Erphesfurt heißt, der schon vor Zeiten eine befestigte Siedlung (urbs) heidnischer Bauern gewesen ist ..."

743

(1. April) Der Papst Zacharias bestätigt in seinem Antwortschreiben die drei Bischofssitze unter Übernahme der von Bonifatius verwandten Charakterisierung der Orte.

2. viertel
des 8. Jh.

Gründung des Domes (Marienkirche) auf dem Domhügel. 1153 Einsturz der Kirche. Bereits im folgenden Jahr Beginn eines Neubaues als Pfeilerbasilika. 1201 Fertigstellung des Südturmes und 1237 des Nordturmes. 1283 Erwähnung der "Kavaten". Um 1320/30 Erweiterung der Unterbauten und Verlängerung des Chores. Um 1330 Errichtung des "Triangel-Portals" 1349-1370 Chorneubau. 1452 Einsturz des Langhauses. 1455 bis 1465 Neubau des Langhauses. 1472 Brand und Neubau der Mittelturmspitze. 1717 Zerstörung und Ersatz der Turmhelme. 1828 bis 1873 Umbauarbeiten und Veränderung des Langhausdaches und der Turmspitzen. Seit 1965 umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen und Umbau des Langhausdaches. In den folgenden Jahren Sanierung der Außenhaut und Restaurierung der Chorfenster.

um 755

Das von Bonifatius 742 gegründete Bistum Erfurt wird aufgehoben und geht im Erzbistum Mainz auf. Auch nach der Vereinigung bleibt Erfurt der kirchliche Mittelpunkt Thüringens. Da die kirchliche Oberhoheit des Erzbistums Mainz engere Beziehungen zu dem wirtschaftlich weiter fortgeschrittenen Rhein-Main-Gebiet mit sich bringt, wirkt sich die Zusammenlegung fördernd aus.

768

Erste schriftliche Erwähnung der im Mittelalter als Hohe- oder Königsstraße bzw. als Via Regia Lusatiae bekannten großen Ost-West-Straße, einer der am meisten benutzten Heer- und Handelsstraßen. Sie trifft in Erfurt auf die alte Völkerstraße vom Süden nach dem Norden, Rechte oder Kreuzstraße genannt. Kreuzungspunkt dieser beiden wichtigen Handels- und Verkehrswege sowie Stätte frühmittelalterlichen Handelsaustausches ist der spätere Fischmarkt.

802

Beleg einer Königspfalz in Erfurt. Der Ort gewinnt mit dem Erstarken der fränkischen Reichsgewalt seit der Mitte des 8. Jh. weiter an Bedeutung und entwickelt sich zum politischen und kulturellen Zentum Thüringens. Wahrscheinlich auf dem Petersberg befand sich die 802 (in palatio publico) genannte Pfalz. Hier hatte der König mit seinem Gefolge bei seinen zeitweiligen Aufenthalten seinen Wohnsitz und nahm von hier seine Amtsgeschäfte wahr.

805

Karl der Große erklärt Erfurt im Diedenhofener Kapitular zu einem der Grenzhandelsplätze an der Ostgrenze des damaligen Frankenreiches. "Die Kaufleute, die das Gebiet der Slawen und der Awaren besuchen, sollen in Sachsen mit ihren Waren nur vordringen bis Bardowieck, wo Hredi (als Königsbote) die Aufsicht führen soll, bis Magdeburg, wo Aito die Aufsicht hat, und bis Erfurt, wo Madalgaudus die Aufsicht führt". Sie hatten auch darüber zu wachen, daß die aus den Westen kommenden Fernhändler den Slawen und den Awaren keine Waffen verkauften.

836

Erste Erwähnung einer Kapelle des Benediktiner-Nonnenklosters St. Paul am Ort der heutigen Severikirche auf dem Domhügel. 1080 Brand der Kirche und des Klosters. Errichtung eines zweichorigen Baues, der 1121 von den regulierten Augustiner-Chorherren übernommen wird. Verlegung des Nonnenklosters auf den Cyriaksberg. Ab 1278 Neubau nach Baufälligkeit. Um 1308 Weihe der Ostseite des Querschiffes und um 1400 Fertigstellung der Wölbung. 1472 Vernichtung des Langhausdaches und Wiederaufbau als hohes Walmdach über 5 Schiffen und Errichtung der Turmhalle. 1875 Abbruch des Kreuzganges. 1980 und in den folgenden Jahren Restaurierung des Inneren der Severikirche.

843

Mit dem Vertrag von Verdun erfolgt die offizielle Teilung des fränkischen Großreiches, mit der die Entwicklung des ostfränkisch-deutschen Reiches eingeleitet wird. Thüringen und das Königtum erlangen zunehmend an Gewicht. Erfurts regionale Vorrangstellung erhöht sich, es wird ein bevorzugter Aufenthaltsort der Könige und Kaiser sowie ein wichtiger Stützpunkt unmittelbarer Königsherrschaft im Hinblick auf Thüringen und das Reich.

852

Der König des Ostfrankenreiches, Ludwig der Deutsche, hält in Erfurt einen Hoftag ab. Er steht im Zusammenhang mit der vom ostfränkischen Adel aufgenommenen Expansion gegenüber den Elbslawen. Mit seinem Heer zwingt Ludwig der Deutsche die Sorben erneut unter ostfränkische Tributpflicht.

2. Hälfte
des 9. Jh.

Erfurt beginnt sich unter Zusammenwachsen mehrerer Siedlungen zu einem nichtagrarischen frühstädtischen Zentrum zu entwickeln. Neben den schon ansässigen Kaufleuten lassen sich Fernhändler nieder, die den Ort zuvor nur als Wanderhändler aufgesucht haben. Die Siedlungsbezirke schließen Niederlassungen von Handwerkern ein, die Versorgungs- und andere Dienstleistungsaufgaben für die Marktsiedlung zu erfüllen haben. Nach wie vor betreibt ein beträchtlicher Teil der Bewohner Ackerbau und Viehzucht.

932

Erzbischof Hildebert von Mainz hält auf Veranlassung und in Gegenwart König Heinrich I. Erfurt eine Synode ab. Die Erhebung einer Kopfsteuer für Abwehrmaßnahmen gegen die Ungarn, aber auch für die Expansionspolitik gegenüber den Elbslawen wird beschlossen. Heinrich I. leitet von der Königspfalz Erfurt aus im Rahmen seiner Burgenordnung Bau und Ausbau von Burgen im thüringischen Raum.

936

König Heinrich I. nimmt auf seinem letzten Hoftag kurz vor seinem Tod in Erfurt eine so wichtige Handlung wie die Designation seines Sohnes Otto I. zum Nachfolger vor. Ort des Reichstages war wahrscheinlich der Petersberg.

973, 974
und 975

Kaiser Otto II. hält in der Stadt Hof. Das Königsgut im thüringischen Hauptort Erfurt und um diesen herum gehört zur Basis der königlichen Zentralgewalt. Erfurt zählt zu den bedeutendsten Orten der sächsisch-thüringischen Königsgutlandschaft.

um 1000

In Zuge der Ottonischen Reichskirchenreform erhalten die Erzbischöfe von Mainz weitgehende Privilegien in Thüringen. Die weltliche Herrschaft über den thüringischen Zentralort Erfurt geht an das Erzbistum Mainz über. Die kirchlichen Bindungen in Erfurt werden stabilisiert. Erfurt bildet den Mittelpunkt der mainzischen Besitzungen in Thüringen.

um 1000

In Erfurt vollzieht sich die Entwicklung zur Stadt. Gegenüber den alten Siedlungen zwischen Petersberg und Gera entsteht eine neue Niederlassung auf dem östlichen Flußufer. Handwerker, vorwiegend aber Kaufleute lassen sich dort nieder. Aufschwung der Kaufmannssiedlung zwischen Lehmannsbrücke, Kaufmannskirche und Anger. Erfurt entwickelt sich in enger Wechselwirkung zum Umland als Gewerbe- und Nahmarktort.

um 1000

Die einstigen durch Erfurt führenden Völker- und Verkehrswege wandeln sich zu viel benutzten Handelsstraßen. An der Gerafurt in Erfurt kreuzt sich die vom Rhein nach Rußland führende Hohe Straße oder Königsstraße mit Verkehrswegen, die Süddeutschland mit den Küsten im Norden verbinden. Nicht zuletzt durch den regen Durchgangs- und den ertragreichen Eigenhandel wird Erfurt zu einem wirtschaftlichen Mittelpunkt des Binnenlandes.

um 1000

Vom wirtschaftlichen Erstarken der Stadt und von ihrer herausragenden Rolle als eines politischen und kirchlichen Zentrums kündet die rege Bautätigkeit des Hohen Mittelalters. Das Netz der Klöster, Kapellen, Orden und Pfarrkirchen wird engmaschiger. Erfurt erwirbt sich damit den Ruf einer türmereichen Stadt. Erste monumentale Steinbauten entstehen. Vor allem vollziehen sich auf dem Domhügel, dem Hauptsitz der Geistlichkeit, und auf dem Petersberg wesentliche architektonische Veränderungen.

1060

Urkundliche Ersterwähnung eines Kollegiatstiftes auf dem Petersberg St. Peter. Von Erzbischof Siegfried I. (1060-1084) wird das Chorherrenstift in ein reformiertes Benediktinerkloster umgewandelt. Seinem hier herrschenden cluniazensisch-hirsauischen Reformgeist schließen sich die thüringischen Klöster Reinhardsbrunn, Paulinzella und Thalbürgel an.

um 1066

Bau erster umfangreicher Befestigungsanlagen zum Schutz der Stadt. Nur wenige Städte in den fortgeschrittenen westlichen und südlichen Reichsteilen erhalten im 11. Jh. Stadtmauern. Die Erfurter Stadtumwallung von 1066 gehört zu den frühesten Befestigungen in Deutschland.

1073, 1074
und 1075

Erzbischof Siegried I. hält in Erfurt Synoden ab. Heinrich IV. greift in den Thüringer Zehntstreit ein. Die Aufteilung der Zehnten zwischen dem Mainzer Erzstift und den Klöstern Hersfeld und Fulda wird festgelegt, die Thüringer sollen die Zehntforderung anerkennen.

1080

Im Verlauf des Investiturstreites schließt sich der Mainzer Erzbischof dem Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden an. Heinrich IV. wendet sich auf Grund dieser Entscheidung gegen das mainzische Erfurt; die Stadt wird erobert und in Brand gesteckt.

1080

Durch einen Brand werden Teile der Klostergebäude auf dem Petersberg zerstört. Von 1103 bis 1147 werden sie neu errrichtet. Gleichzeitig mit ihnen entsteht die Peterskirche, die den südöstlichen Teil der Klosteranlage bildet. Als dreischiffige romanische Pfeilerbasilika ist sie der erste monumentale Bau der Hirsauer Schule auf thüringischem Boden.

11. u. 12. Jh.

Die Doppelstellung Erfurts im frühen Mittelalter als königliche und erzbischöflich mainzische Stadt wird durch die Erfurter Münzen bestätigt. Im 11. und 12. Jh. werden nebeneinander königliche und mainzische Münzen geprägt. Die Brakteaten zeigen König Konrad III. (1142), Kaiser Friedrich Barbarossa (1165), die Erzbischöfe Heinrich I. (1142-1153) bzw. Siegfried II. von Eppstein (1201-1230) oder Siegfried III. von Eppstein (1230-1249).

1104

Die Erfurter Vogtei haben die mächtigen Grafen von Tonna-Gleichen als erzbischöfliches Lehen inne. Ihr Dienstlehen war der Gleichenhof an der Bartholomäuskirche, deren Turm heute ein Glockenspiel trägt.

1108

Die Lehmannsbrücke, die Liepwinesbrucca, die auf Lebuin von Deventer hinweist, wird erstmals erwähnt und läßt auf flämisch-friesische Ansiedler schließen.

1110

Erste Erwähnung der Ägidienkirche am Wenigemarkt. Zusammen mit der mittelalterlichen, 1810/89 abgebrochenen Benediktikirche (auf der gegenüberliegenden westlichen Auffahrt zur Krämerbrücke) dient St. Ägidi als Wegekapelle. Um 1324 Neubau der Kirchengebäude nach einem Brand von 1293. Ende des 15. Jh. Anbau des Chorerkers im Zusammenhang der Veränderungen, die nach dem Brand von 1472 im gesamten Bereich der Brücke nötig geworden sind. 1582 Einsturz von Teilen der Kirche und danach Wiederaufbau. 1827 in Privatbesitz. Seit 1960 Nutzung als methodistische Gemeindekirche.

1111-1137

Erzbischof Adalbert I. läßt am östlichen Abhang des Domberges eine Burg errichten, die wegen ihrer Form "Krummhaus" genannt wird. Reste sind noch im Garten des Severi-Pfarrhauses zu erkennen sowie in der fälschlich so genannten Bonifatiuskapelle, einem ehemaligen Turm der erzbischöflichen Pfalz aus der Zeit Adalbert I. Der Umbau der Kapelle erfolgt 1624.

1117

Gründung eines Stiftes der Regulierten Augustiner-Chorherren. Nach 1130 Errichtung einer dreischiffigen Basilika. Deren Westportal und deren Südturm sind als Teile der Reglerkirche in der Bahnhofstraße noch erhalten. Anfang des 14. Jh. nach einem Brand von 1291 Neubau des Chores und 1743 Neubau des nördlichen Turms nach Einsturz. 1857-60 und 1960-73 Umgestaltung und Restaurierung des Innenraumes der Kirche.

1120

Erfurt wird erstmals als "civitas" und damit als Stadt ausgewiesen.

1123

Der Thüringer Zehntstreit flammt während der Amtszeit Adalbert I. wieder auf. Etwa 20.000 Bauern beabsichtigen 1123, von der Trettenburg aus in die Stadt Erfurt einzudringen, in der sich der Erzbischof aufhält. Durch geschicktes Verhandeln und Versprechungen werden sie von ihrem Vorhaben abgehalten.

1125

Erste Erwähnung der Allerheiligenkirche ("Zu Ehren aller Heiligen") und eines Klosters und Hospitals an der Stelle der "Engelsburg" (Augustiner-Chorherren). 1222 Zerstörung der Anlage nach einem Brand. Ende des 13. Jh. Neubau der Kirche in der heutigen Form.

1132

Erste urkundliche Erwähnung der Georgskirche in der Michaelisstraße. Um 1290 Bau einer Kirche an der Stelle einer älteren Kapelle. 1380 Bau des heute noch vorhandenen Turmes. 1632 Abbruch des Kirchenschiffes durch die Schweden für den Festungsbau. 1620 und 1987 größere Reparaturen am Turm.

1136

Stiftung des Schottenklosters (Jakobi- und Nikolaikirche) in der Schottenstraße durch den Grafen Walter von Gleisberg. Besetzung mit irischen Benediktinermönchen. Baubeginn um 1140/50. Um 1200 Fertigstellung der 3-schiffigen Basilika mit Querschiff und Doppelturm an der Westfassade. 1472-1512 Neubau des Chores nach der Zerstörung durch Brand. 1727 Errichtung der barocken Westfassade. 1956-1966 Restaurierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen.

1140

Erste Erwähnung eines Kirchenbaus auf dem Gelände der heutigen Lorenzkirche in der Schlösserstraße. Von den romanischen Vorgängerbauten ist nichts erhalten. 1300 Neubau der Kirche. Älteste Teile sind der quadratische Turm und ein Teil der Westwand. In der 1. Hälfte des 15. Jh. Umbauarbeiten nach einem Stadtbrand von 1413. Anbau des nördlichen Seitenschiffes und der südlichen Langhausfassade. 1990/91 umfangreiche Sanierungsarbeiten am Turm und im Dachbereich.

1141-1255

Der Rat drängt die erzbischöfliche Stadtherrschaft zurück.
Herausbildung eines bürgerlich-patrizischen Rates und Kampf des Rates und der Bürgerschaft um die Erringung der kommunalen Autonomie. Der Erzbischof bleibt jedoch Grund- und Stadtherr. Beginn des Baues eines durchgängigen Mauerringes um die Stadt, nachdem die Stadtumwallung von 1162 bereits wenige Jahre später durch Landgraf Ludwig II. von Thüringen zerstört worden ist. Die mächtige Stadtmauer von ca. 8 km Länge mit zahlreichen Wehr- und Wachtürmen sowie acht Haupttoren war in ihrem Verlauf identisch mit dem heutigen Juri-Gagarin-Ring. Die eingeschlossene dicht bebaute Stadtfläche beträgt 133 ha.

1168-1196

Mitte des 12. Jh. Gründung der Neuwerkskirche, auch Kirche "Zum heiligen Kreuz" genannt. Vermutlich erfolgt die Gründung im Zusammenhang mit der Errichtung der Stadtmauer im Jahre 1168, als man mit der Trockenlegung des sumpfigen Geländes und der Gründung der "Neustadt" beginnt. 1194/1196 Verlegung des Augustiner- Chorfrauenstifts vom Hospital zum Hl. Geist und Einbeziehung der Kirche in das neue Kloster. 1466-1473 Umbau zu einer spätgotischen Kirche. 1710-1731 Erneuerung der Klostergebäude. 1731-1735 Neubau der Kirche unter Einbeziehung der gotischen Bausubstanz.

um 1160

Der romanische Altaraufsatz im Dom, die sogenannte Stuckmadonna, heute an der Ostwand des Südquerarms aufgestellt, entsteht. Maria mit dem Kinde sitzt auf einem großen Thron. Ein tympanonartiger Halbkreisbogen umrahmt die Gruppe. Am Fuße des Bogens stehen auf jeder Seite vier heilige Gestalten mit Märtyrerpalmen. Darüber sind die heiligen Bischöfe Adolar und Eoban zwischen Sternen dargestellt. Im Scheitel des Bogens thront auf den Wolken eine Christus-Halbfigur.

um 1160

Der romanische Lichterträger, "Wolfram" genannt, im Dom entsteht. Die Großplastik, massiv aus Bronze, ist laut Inschrift am Gürtelband eine Stiftung des Wolfram und der Hiltiburc. Sie verkörpert einen Büßer, mit einem schlichten Gewand bekleidet und durch einen Gürtel geschnürt. Der "Erfurter Wolfram" stellt das erste vollplastische lebensgroße Bild eines zeitgenössischen mittelalterlichen Menschen in Deutschland dar.

1181

Während des Reichstages auf dem Petersberg unterwirft sich Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen, der dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Gefolgschaft verweigert hat. Als in Thüringen die Entscheidung in den Machtkämpfen zwischen Hohenstaufen und Welfen fällt, ist Erfurt der bevorzugte Aufenthaltsort des Kaisers und damit Mittelpunkt der Zentralgewalt.

1183

(29. Januar) Kaiser Friedrich I. Barbarossa nimmt das Hospital zum Heiligen Geist vor Erfurt in seinen Schutz.

1183-1200

Eidesformel der jüdischen Bürger. Sie bringt die Gleichstellung jüdischer Kaufleute im Wirtschaftsleben Erfurts zum Ausdruck. Das an der Urkunde angebrachte Siegel ist das älteste der Stadt und bis zur ersten Hälfte des 13. Jh. in Gebrauch. Das Siegelbild zeigt den Stadtheiligen Martinus im Bischofsornat ohne Mitra. Die Umschrift lautet: "Erfordia fidelis est filia Mogontine sedis" (Erfurt ist die treue Tochter des Mainzer Stuhls). Die Eidesformel verweist auf eine namhafte jüdische Gemeinde in der Stadt im 12. Jh.

1183-1200

Neubau einer Pfarrkirche in der Michaelisstraße als Saal auf trapezförmigem Grundriß, der durch den Verlauf der Straße bestimmt wird. 1278-1290 Neubau des heutigen Hauptschiffes der Michaeliskirche. 1451 Erweiterung zur Universitätskirche durch den Anbau des nördlichen Seitenschiffes. Um 1500 Anbau der Dreifaltigkeitskapelle mit reliefgeschmücktem Chorerker. Der Michaelisturm trägt die älteste, 1380 am Sonntag Palmarum gegossene Glocke der Stadt.

Seit 1192

Bürger treten als Zeugen in erzbischöflichen Urkunden auf. Die finanzkräftigen Kaufleute, die sich zu einer gleichstrebigen Gemeinschaft, den Gefrunden, wie das Patriziat genannt wird, zusammengeschlossen haben, drängen zur politischen Herrschaft im städtischen Machtbereich.

1196

Konrad I. von Wittelsbach, Erzbischof von Mainz, bestätigt die neue Anlage des Augustiner-Chorfrauenstifts St. Mariae zum Neuen Werk in Erfurt.

1200-1204

Der staufisch-welfische Thronstreit beeinträchtigt die Entwicklung der Stadt. Die Stadt wird 1203 einen Monat lang belagert, ohne daß sie eingenommen werden kann. 1204 beugt sich der welfisch gesinnte Landgraf Hermann von Thüringen dem deutschen König Philipp von Schwaben in Ichtershausen nahe Erfurt.

1203

(8. Dezember) Siegfried II. von Eppstein, Erzbischof von Mainz, beschwert sich beim Marien- und beim Severistift zu Erfurt über die Untreue der dortigen Bürger.

Seit dem
13. Jh.

Erfurt entwickelt sich zu einem der größten Waidmärkte des Reiches. In etwa 300 Dörfern Thüringens wird die Waidpflanze (Isatis tinctoria) angebaut, aus deren Blättern man ein begehrtes und gewinnbringendes Blaufärbemittel gewinnt und welches mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt eng verbunden ist. Ein Waidregister von 1579 weist Waidanbau in 49 Dörfern nach.

1208

Im Peterskloster, einem Zentrum der Bildung von regionaler und überregionaler Bedeutung, entsteht die bekannteste und bedeutendste Erfurter Chronik des Hochmittelalters, die Chronica St. Petri Erfordensis moderna. Sie wird bis in die zweite Hälfte des 14. Jh. fortgesetzt.

13. Jh.

Erfurt ist bereits im 13. Jh. zu einem Bildungszentrum von weit ausstrahlender Bedeutung herangewachsen. Keine andere Stadt in Deutschland hat in der zweiten Hälfte des 13. Jh. mehr Studenten. Im "carmen satiricum" von 1281/1283 wird die Zahl von 1.000 Erfurter Scholaren angegeben. In der ersten Hälfte des 14. Jh. entwickelt sich das Erfurter "studium generale" zur bedeutendsten Bildungsanstalt im Römisch-Deutschen Reich.

Anfang des
13. Jh.

Baubeginn der alten Andreaskirche. Nach 1325 Neubau eines Kirchengebäudes bei Übernahme des Turmes. 1399-1687 Inkorporation der Pfarrkirche St. Andreas in das Kloster der Benediktinerinnen auf dem Cyriaksberg, das 1482 an die Westseite der Andreaskirche verlegt, 1688 aber wieder abgerissen wird. 1416 Beschädigung der Kirche durch einen Großbrand im Andreasviertel. Umbau der Kirche 1485 und 1688. 1806 teilweise Zerstörung durch Explosion eines französischen Waffenlagers.

Zwischen
1210 u. 1217

Gründung des Martinshospitals auf dem Fischmarkt. 1223 wird die Kapelle des Hospitals dem heiligen Martin geweiht (Martini intra auf dem Fischmarkt). Das Hospital wird vom Mainzer Erzbischof Siegfried II. von Eppstein mit Liegenschaften und Zinsen bedacht, die durch Papst Honorius III. bestätigt werden.

1210

Früheste Erwähnung der Wigbertkirche in der Regierungsstraße als Kapelle. Wahrscheinlich ist sie eine Gründung des Klosters Hersfeld und gehörte zu dessen Erfurter Hof. 1291 Brand und Zerstörung, anschließend Neubau in mehreren Etappen: 1409 der Turm, 1472 das Langhaus und 1472 der für das heutige Aussehen der Kirche bestimmende Chor. 1668 Überlassung der Kirche an den Augustiner-Eremitenorden. Seit 1664 auch Hofkirche der Statthalterei.

1210

Lambert II., Graf von Gleichen, überträgt dem neuen Hospital St. Martini in Erfurt das Vogteirecht an den Gütern des Hospitals, soweit dasselbe nicht bereits festgelegt ist.

1211

Erste Erwähnung der Gotthardtkirche in Marbach. 1841/42 Neubau des Kirchenschiffes und des Turmes unter Einbeziehung älterer Teile. 1982-1984 Innenerneuerung.

1212

In einer Urkunde erscheinen neben Vogt und Viztum 23 Bürger (burgenses) als Aussteller. Sie kündet damit von den Anfängen der Ratsverfassung in Form eines Ausschusses von burgenses, eines bürgerlichen beirates der erzbischöflich-ministerialischen Stadtherrschaft.

1212

(10. Juni) Kaiser Otto IV. verleiht dem Erzbischof von Mainz, wie er demselben vor der Wahl zugesagt hat, die Steuern der Juden in Mainz und Erfurt.

1216

Erste urkundliche Erwähnung der Paulskirche in der Predigerstraße. 1229 siedeln sich die Predigermönche (Dominikaner) in der Nähe der Paulskirche an. 1465 Bau des Paulsturmes. 1468 vermutlich ein Neubau der Paulskirche. 1736 Zerstörung der Kirche durch Brand. 1737 Wiederherstellung des Turmes und dabei Erhöhung um ein Stockwerk. 1759 Abbruch der Reste des Kirchenschiffes.

1223

(4. Juni) Siegfried II. von Eppstein, Erzbischof von Mainz, verleiht bei der Weihe der Kapelle im Martinshospital auf der Breiten Straße in Erfurt derselben einen Ablaß.



Quelle der Stadtchronik: Archivrat Bodo Fischer, Stadt- und Verwaltungsarchiv Erfurt


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